22.02.2016
Geht es nach nach den Plänen des Bundesjustizministers Heiko Maas (SPD) zur Reformierung der Mietspiegel, werden die örtlichen Vergleichsmieten gerade in den angespannten Wohnungsmärkten
deutscher Großstädte deutlich zurückgehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Center for Real Estate Studies (CRES) der Steinbeis-Hochschule Berlin, welche vom Immobilienverband
Deutschland (IVD) in Auftrag gegeben wurde. Für sein Vorhaben erntet Maas harsche Kritik, vor allem aus den Reihen der Vermieter.
Hintergrund: Was ist ein Mietspiegel?
Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete im freifinanzierten Wohnungsbau (§ 558c BGB). Er wird von Städten und größeren Gemeinden in Zusammenarbeit mit den
Interessenvertretern der Vermieter und Mieter erstellt und dient in erster Linie als Begründungsmittel für Mieterhöhungen. Ein Pflicht zur Aufstellung eines Mietspiegels gibt es nicht, sodass
insbesondere in kleineren Städten und Gemeinden eine solche Übersicht oftmals fehlt. Mietspiegel können für eine oder mehrere Gemeinden, aber auch für Teile von Gemeinden erstellt werden und sind
alle 2 Jahre der Marktentwicklung anzupassen. Des Weiteren sieht das Gesetz eine Veröffentlichung neu aufgestellter oder geänderter Mietpreistabellen vor.
Das Gesetz unterscheidet außerdem zwischen dem "einfachen" und dem "qualifizierten" Mietspiegel (§ 558d BGB). Damit ein qualifizierter Mietspiegel als solcher anerkannt wird, müssen bei seiner
Erstellung wissenschaftlich-methodische Mindestanforderungen erfüllt und dokumentiert werden. Alle 2 Jahre muss der qualifizierte Mietspiegel überprüft und gegebenenfalls an die Marktentwicklung
angepasst werden. Nach 4 Jahren wird er von Grund auf neu aufgestellt. Aufgrund der erhöhten Anforderungen genießt der qualifizierte Mietspiegel vor Gericht eine hohe Beweiskraft und ist als
Grundlage einer Urteilsbegründung bei Mietrechtsausseinandersetzungen zulässig. Das bedeutet konkret: Um ein Mieterhöhungsverlangen unter Berufung auf einen qualifizierten Mietspiegel erfolgreich
abwehren zu können, muss eine fehlerhafte Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nachgewiesen werden.
Welche Änderungen sind geplant?
Der Vorschlag aus den Reihen der SPD beinhaltet die Änderung der Berechnungsgrundlage. Geplant ist eine Ausdehnung des für die Ermittlung ortsüblicher Vergleichsmieten maßgeblichen
Betrachtungszeitraumes von derzeit 4 auf dann 10 Jahre. Demnach fließen in diese Berechnung nun die Mieterhöhungen laufender Mietverträge und Neuvertragsmieten der vergangenen 10 Jahre ein. Durch
diese Neuregelung sollen die teils heftigen Mietsteigerungen, insbesondere in den Ballungsräumen, bald der Vergangenheit angehören.
Betrachtet man die Ergebnisse der Studie, so wird genau das erreicht. In München beispielsweise beträgt die Differenz zwischen zehn und vierjährigem Betrachtungszeitraum ganze 1,35 € pro
Quadratmeter. Das entspricht einem Rückgang von 11,3 %. Hannover weist indes den höchsten relativen Rückgang aller untersuchten Städte aus: stolze 17,5 %. Wegen der niedrigeren Vergleichsmiete
beträgt die Differenz hier 1,25 € je Quadratmeter. Verglichen damit fällt der Unterschied in Berlin mit 0,76 € noch relativ gering aus.
Wer profitiert von der Mietspiegelreform?
Von sinkenden Mieten profitieren in aller erster Linie - wie soll es anders sein - die Mieter. Und da die Bundesrepublik seit jeher eine Mieternation ist, dürften viele Bürger die geplante
Änderung herbeisehnen. Beifall gibt es auch von Seiten des Mieterbundes, der seinem Ziel der Einführung einer Mietobergrenze damit ein Stück näher käme.
Wer gehört zu den Verlierern?
Ganz klar: alle Immobilieneigentümer und Vermieter. Gerade in den besonders betroffenen Metropolregionen wie Berlin, München und Hamburg werden spürbare Einbußen befürchtet. Zudem zeigt die
Studie, dass aufgrund der sinkenden Mietsteigerungspotentiale die Immobilienwerte um etwa 10%, in Extremfällen gar um bis zu 30% zurückgehen. Diese negative Entwicklung wiederum dürfte die
Finanzierung deutlich erschweren.
Eine mögliche Folge dessen könnte sein, dass vor allem private Vermieter ihre Wohnungen den bisherigen Mietern zum Kauf anbieten, um sich vor drohenden Verlusten zu schützen. Dieser Trend,
welcher durch die Einführung der Mietpreisbremse initiiert wurde, dürfte durch die geplante Reform weiter an Dynamik gewinnen.
Wie stehen die Chancen für Maas' Pläne und wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen?
Trotz der Aussicht auf sinkende Mieten - deutsche Mieter sollten sich nicht zu früh freuen.
Zwar haben sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auf Maßnahmen zur Mietbegrenzung verständigt, jedoch hat die CDU bereits Widerstand gegen die Pläne des Justizministers angekündigt. Auch
die Vermieterverbände, allen voran der IVD, laufen Sturm gegen den neuerlichen Eingriff in das Marktgeschehen.
Der Mieterbund jedoch ist, wie bereits erwähnt, voll des Lobes für die Pläne des Herrn Maas. Wenig überraschend hält auch das Justizministerium selbst sein Vorhaben für wichtig und richtig. Man
könne dadurch mehr Mietverhältnisse in die Untersuchungen für Mietspiegel einbeziehen, wodurch insbesondere ältere Neuvertragsmieten besser abgebildet und gewichtet würden.
Ein Referentenentwurf von Maas zur Mietspiegelreform wird im Frühjahr diesen Jahres erwartet, in den auch die Neuregelung der Modernisierungsumlage eingebunden werden soll. Angedacht ist eine
Absenkung des Modernisierungszuschlags von bisher 11 auf dann nur noch 8%.
Wie wirkungsvoll ist die geplante Reform?
Das wird die Zukunft zeigen. Ob die geplante Änderung der Berechnungsgrundlage tatsächlich verabschiedet werden kann, und welche Änderungen die CDU an dem Entwurf fordern wird, kann zum jetzigen
Zeitpunkt nicht vorhergesehen werden.
Als jüngste Referenz für die Wirksamkeit staatlicher Eingriffe in den Mietmarkt kann die im letzten Jahr eingeführte Mietpreisbremse herangezogen werden. Zwar gibt es zu diesem Thema je nach
Perspektive sehr differenzierte Meinungen, spürbare Entlastungen hat sie den meisten Mietern jedoch nicht beschert.
Kritiker gehen noch weiter. Sie sehen in dem geplanten Gesetzesentwurf eine verdeckte Mietpreismanipulation und fürchten eine weiter sinkende Investitionsbereitschaft seitens der Eigentümer und
Investoren.
Auch ich sehe das Vorhaben des Justizministeriums eher kritisch. Die Mehrheit der Deutschen wird sinkende Vergleichsmieten und die starke Beschränkung von Mieterhöhungen sicher begrüßen. Jedoch
könnte die geplante Reform den Mietern letztlich eher schaden, statt für Entlastung zu sorgen. Meiner Meinung nach hilft langfristig gesehen nur der forcierte Neubau von Mietwohnungen, will man
die Situation in den Ballungszentrum nachhaltig entspannen. So sieht es auch das Bundesfinanzministerium, welches jüngst einen Gesetzesentwurf zur Einführung einer Sonderabschreibung zur
Förderung des Mietwohnungsbaus in angespannten Wohnlagen verabschiedete.
Danny Havel
Immobilienkaufmann (IHK), Immobilienmakler und
geschäftsführender Gesellschafter H&Z Immobilien.
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